Puck: Keiner hat mich lieb

Geschichte und Weihnachtswanderung 2023

 

Liebe Geschichtenfreunde, wieder einmal ist Weihnachtszeit, und pünktlich zum ersten Advent könnt ihr vom Startpunkt aus einem der Lieblingspfade von Puck durch den Wald folgen. Sucht die Zeichen, (die hoffentlich in diesem Jahr nicht gemopst werden:), alle 100m ca solltet ihr einen Hinweis finden.

Wenn vom Weg abgebogen werden soll, sind die Zeichen zumeist rot und dichter beieinander.

Schaut nach oben, dann werdet ihr sie nicht verpassen. Wenn ihr 200 m keine Zeichen gefunden habt,

habt ihr vielleicht geträumt oder eine Stelle zum Abbiegen verpasst. Ich bin aber optimistisch, dass ihr alles finden werdet.

Genießt die Geschichte, und vielleicht findet ihr die Schatztruhe am Wunschbaum.

 

Um sie zu öffnen, braucht ihr den Code, und das ist wieder kniffelig:

Er ergibt sich aus den Antworten zu folgenden Fragen: 

1: Wie viele handelnde Figuren gibt es in der Geschichte?

2: Wie viele Beine haben all diese handelnden Figuren gemeinsam?

3: Wie oft fragt Puck Elli auf der Fahrt, wie weit es noch ist /wie lange es noch dauert?

Die drei Zahlen addiert, die sich aus den Antworten ergeben, verraten euch den Code.

 

Wie in den Jahren zuvor gilt: Wer Wünsche hat, sollte dem Wunschbaum ein kleines Geschenk bringen, welches für euch etwas mit dem Wunsch zu tun hat. Baut es an, läutet die Glocken und wünscht!

(Wer vom Wunschbaum etwas mopst, wird verflucht und bekommt Pickel und Haarausfall!)

Und wer etwas aus der Schatztruhe nimmt, sollte auch etwas geben, am besten etwas, was euch selbst eine kleine Freude bereiten würde.

Nun wünsche ich euch eine friedliche Weihnachtszeit und vergesst nicht , denen die ihr liebt und denen , die es brauchen immer mal wieder ganz deutlich zu zeigen, dass sie nicht allein sind! Eine bessere Zeit dafür gibt es nicht!

 

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Puck: Keiner hat mich lieb

 

von Ulrike Haase und Emilia Rosa Haase, mit Ideen von Irina Zdyrko

 

Das Feuer im Kamin knistert, draußen schneit es leise in die Dunkelheit und eigentlich könnte Puck glücklich und zufrieden auf Ellis Schoß vor sich hin träumen .

Doch irgendetwas stimmt nicht mit Elli. Seit Tagen ist sie komisch. Sie grübelt und schaut besorgt aus und scheint nicht bei der Sache zu sein.

"Was ist los, was steht da?", fragt Puck, als sie am Abend zum bestimmt zehnten Mal ein Papier aus der Tasche holt und liest was darauf geschrieben steht.

Elli seufzt. "Ach, das ist ein Brief von einer Freundin."

"Wer ist sie? Kenne ich sie? Sie hat dir einen Brief geschrieben? Hey, das ist doch nett, was steht drin?", fragt Puck neugierig.

"Nun, ich weiß gar nicht, wie ich dir das erklären soll. Sie heißt Siw, und sie wohnt weit weg von hier, hoch im Norden.

Ihr kleines Mädchen, ihre Enkeltochter wohnt zur Zeit bei ihr. Und der geht es nicht gut. Das Mädchen hat ganz plötzlich aufgehört zu sprechen, scheinbar ohne jeden Anlass. Meine Freundin weiß nicht, was zu tun ist.

Und nun bittet sie mich um Hilfe."

Puck grübelt kurz, dann hat er die Lösung.

"Kein Problem! Wir backen einen großen Berg Kekse und schicken sie dorthin. Oder getrocknetes Hühnchen, das ist natürlich fast noch besser, als Kekse. Oder du strickst noch eine Mütze, du strickst doch jetzt immer so gerne.

Ich kann auch was basteln, ja genau! Das wäre doch eine schöne Hilfe, oder? Bestimmt freut sie sich dann so sehr, dass sie gar nicht anders kann, und wieder plappert wie ein kleines Mädchen mit guter Laune, oder?"

Elli schüttelt mit dem Kopf. "Ich glaube nicht, dass das genügt, auch wenn das sehr gute Ideen sind. Ich würde gerne hinfahren. So lange habe ich sie nicht gesehen. Jetzt, da sie mir geschrieben hat, habe ich erst bemerkt, wie sehr ich sie vermisse. Früher war ich so oft bei ihr und wir haben fantastische Zeiten miteinander verlebt."

Puck beobachtet Elli ganz genau. Sie schaut sehnsuchtsvoll in die Ferne. Ein Weilchen ist es ganz still. 

"Wie weit ist das denn weg, dieses Norden ? Kann man dahin vielleicht auch laufen?", fragt er zögernd.

Elli kichert. "Da müsste man sehr sehr lange laufen. Du könntest das wohl tun, aber ich werde das nicht schaffen. Ich würde gerne mit dem Auto fahren. Der Weg dorthin ist wunderbar, es gibt so viel zu sehen, das Meer, hohe Berge, Flüsse, Wasserfälle. Was denkst du? Hättest du vielleicht Lust, die Welt hinter unserem Wald zu sehen?"

Puck denkt.

Er mag das Autofahren gar nicht.

Doch wenn Elli so gerne dorthin will, zu diesem Norden, dann muss sie wohl auch fahren.

Ohne Elli jedoch allein am Waldrand zu bleiben, das mag sich Puck gar nicht vorstellen.

Also mit Elli die Welt sehen? 

Was er Hasi dann wohl alles erzählen könnte, von seinen fantastischen Abenteuern. Die würde staunen. 

"Darf ich mein Kuschelkissen mitnehmen? Und Lars? Darf Lars auch mitkommen?", fragt Puck.

"Aber sicher, im Auto ist so viel Platz, da können wir es sehr gemütlich machen für dich."

Und schon ist es beschlossen.

Bereits am nächsten Tag sind sie unterwegs, und dieses Norden scheint wirklich sehr weit weg zu sein.

Nach einer fürchterlich langen Stunde im Auto, in der Puck aus dem Fenster unzählbar viele andere Autos beobachtet hat, steckt er seinen Kopf zwischen den Sitzen durch und flüstert Elli in´s Ohr: "Du, sind wir bald da?"

Elli schmunzelt. "Garn nicht mehr so lange, wie vor der Abreise. Wir sind unserem Ziel schon etwas näher gekommen.

Vielleicht machst du ein kleines Nickerchen, und dann können wir bestimmt schon das Meer sehen ."

Nickerchen kling zwar noch nicht wie ein Abenteuer, doch man kann es ja versuchen.

Puck kuschelt sich ein, dreht sich rechts herum, atmet, dreht sich links herum, schnauft, zählt seine Krallen, kaut Lars Eisbär von allen Seiten durch. "Wie weit ist es noch?", hört Elli es schon etwas lauter neben ihrem Ohr.

Sie zeigt nach vorne. "Siehst du, dort ist die Fähre. Jetzt fahren wir erst einmal über das Meer, und dann wird es schon werden."

Ab hier beginnt es aufregender zu werden, als Puck sich das vorgestellt hatte.

Die Fähre ist ein großes Schiff, auf das sehr viele Leute mit ihren Autos rauffahren. Wie das Maul von einem riesigen Monster ist die Klappe geöffnet, durch die man fährt. Dann schließt sich das Maul, alle Menschen und auch Puck gehen hinauf und auf der Aussichtsplattform lassen sich Puck und Elli den eiskalten Seewind um die Nase wehen.

Die Fahrt auf dem Schiff dauert nicht lange, und weiter geht es mit dem Auto, von Nickerchen zu Nickerchen, mit unzähligen Stops im fremden Land. In Pucks Kopf sausen die Eindrücke , Farben und Gerüche herum und er wird davon so müde, dass er einen großen Teil der Strecke verschläft.

Nachdem er noch tausendmal gefragt hat, wie weit es wohl noch ist, und dann doch immer wieder einschlief, weckt ihn nun Elli aus tiefem Schlaf. 

"Sieh nur, wir sind da. In diesem Haus dort vorne, da wohnt Siw."

Puck blinzelt verschlafen. Es ist dunkel, und doch hell, denn um sie herum türmt sich weiß glitzernder Schnee.

Der Himmel ist wolkenlos und unzählige Sterne funkeln durch die Winternacht. Puck bleibt der Mund offen stehen,

als er am Horizont über nahen Bergen ein grünes Licht tanzen sieht.

"Was ist das?", fragt er Elli und zeigt zum Himmel, ohne den Blick davon abzuwenden.

"Oh, das ist das Nordlicht, extra zur Begrüßung für uns. Wie schön!"

"Wer begrüßt uns da?" 

"Nun, als die Menschen es noch nicht besser wussten, sagten sie, es seine die Nordgötter, die sie zu ihnen sprechen.

Heute weiß mann, dass kleine Teilchen in der Höhenluft beginnen zu leuchten, wenn einige Zeit zuvor die Sonne

besonders aktiv war. Die Idee mit den Göttern gefällt mir aber besser."

Puck staunt. "Mir auch. Es ist, als ... als... als wolle mir jemand ein Zeichen geben", und Puck lächelt glücklich und versonnen.

 

Aus dem Haus tritt eine Frau, mit Pudelmütze und dicker Jacke bekleidet sieht man kaum etwas von ihr. Vor ihrem Gesicht erscheinen Wolken gefrorenen Atems. Durch den Türspalt sieht Puck das Gesicht von einem kleinen Mädchen, dass neugierig beobachtet, was geschieht.

"Lilia, lukk døren, du blir syk", ruft die Frau dem Mädchen zu, und die Tür schließt sich.

Puck wundert sich einen Moment, denn diese Sprache hat er noch nie gehört.

Ohne auf Puck zu achten springt Elli aufgeregt und überraschend wendig aus dem Auto und die beiden Frauen fallen sich in die Arme, drücken sich, sprechen so schnell, dass Puck sie kaum versteht.

Doch mit jedem Satz wird es etwas klarer, und so, wie er alle Tiere verstehen kann, die er trifft, versteht er nun auch , was die Frauen sich zu sagen haben.

"Wie wunderbar, dass du es geschafft hast. Ich freue mich so. Wie war deine Reise? Waren die Straßen in Ordnung? Nicht zu viel Schnee? Wie lange kannst du bleiben....." , "Oh, es war ganz einfach zu fahren, keine Probleme. Die Nacht ist wunderbar, ich habe mich so sehr nach dem Norden gesehnt. Ich weiß gar nicht, wie ich es so lange ohne dich und den arktischen Winter aushalten konnte" , und in ununterbrochenen Geschnatter gehen die Frauen dicht nebeneinander zum Haus.

Puck krabbelt auf den Fahrersitz und durch die noch offene Tür aus dem Auto und denkt noch, wie unerhört, dass Elli ihn einfach vergessen hat, doch da kann er schon nichts mehr denken. Die Kälte an seinen Pfötchen, als er den vereisten Boden berührt, bindet all seine Aufmerksamkeit. So eine Kälte hat er zuhause auch im Winter noch niemals gespürt.

Es tut ihm nicht weh, doch seine Füße wollen das nicht, sie tanzen wie von allein .

Puck ahnt, dass er besser nicht stillstehen sollte, um nicht festzufrieren. Mit großen Sprüngen folgt er den Frauen zum Haus.

"Oh entschuldige", ruft Elli überrascht, als er sich neben ihr durch die Tür drängelt.

“Ich habe euch noch gar nicht vorgestellt: Das ist Puck, mein bester Freund. Ich habe dir von ihm erzählt", sagt sie zu Siw.

Und zu Puck gewandt: "Und das ist Siw, wenn ich es recht bedenke, meine beste Freundin. Ich habe dir von ihr erzählt."

Siw und Puck betrachten sich etwas verlegen, dann hockt sich die fremde Frau auf den Boden, reicht Puck eine einladende Hand und wartet. Puck kommt vorsichtig näher und schnuppert. "Velkommen, Puck. Hyggelig å møtte deg!" 

Puck hatte schon einige Treffen mit anderen Menschen als Elli, doch gesprochen hat er bisher nur mit ihr, denn niemand sonst konnte ihn verstehen.

Er schaut Elli unsicher an. "Versuch es nur, vielleicht versteht sie dich. Wenn nicht, kann ich helfen. 

Puck überwindet seine Unsicherheit und sagt zögerlich: " Hallo, ich freue mich auch."

Doch Siw hört nur ein leises Heulen, und lächelt unsicher. 

"Na, vielleicht entwickelt sich das noch. Bis dahin kann ich ja übersetzen", sagt Elli.

 

Das kleine Mädchen, welches sich hinter Siws Rücken versteckt, beobachtet Puck, als hätte sie noch nie so etwas interessantes gesehen. Puck versucht um Siw herum zu lugen, um sie besser zu erkennen, doch da dreht sich das Kind auf dem Hacken um,  läuft aus dem Zimmer und verschwindet in der Tiefe des Hauses.

"Spricht sie immer noch nicht?", fragt Elli.

"Nein, kein Wort, seit zwei Wochen. Auch nicht in der Schule. Auch die Lehrer sind ratlos. Sie ist sonst so fröhlich und vergnügt, und wenn sie allein in ihrem Zimmer spielt, höre ich sie singen und mit den Plüschtieren reden. Doch sobald jemand herein kommt, verstummt sie."

"Das ist wirklich nicht zu verstehen. Nun, vielleicht können wir das Rätsel gemeinsam lüften. Erst einmal brauche ich ein Frühstück. Ich bin am verhungern", sagt Elli.

Puck schaut zum Fenster. Draußen ist es stockduster.

"Frühstück, mitten in der Nacht? Da hast du doch was verwechselt, oder?"

Elli schaut zum Fenster, dann auf ihre Uhr.

"Nein, da habe ich nur vergessen, dir etwas zu erzählen. Hier wird es nämlich fast gar nicht hell.

Nur ein drei Stunden ist es fast hell, also ohne Sonne, doch hell. Dann wird es schon wieder dunkel. Das ist die arktische Nacht. Du wirst sehen, sehr interessant."

Puck glaubt es nicht und wartet die nächsten Stunden ungeduldig auf die Sonne, doch sie kommt nicht.

Und noch etwas ist anders, als er sich das vorgestellt hatte. Die Frauen sind den lieben langen Tag damit beschäftigt, zu reden. 

Lilia, das kleine Mädchen spielt allein in ihrem Zimmer oder sitzt bei ihrer Oma Siw, redet jedoch umso weniger.

Sie beobachtet Puck aufmerksam, doch all seine Versuche, sie in ein Spiel zu verwickeln, scheitern.

Und alle Mühen Pucks, jemanden für einen Winterausflug zu begeistern, scheitern.

"Das ist zu windig..., wir machen das später..., wir trinken gerade so gemütlich Kaffee..., erst einmal einkaufen", und irgendwann wird es Puck zu bunt.

Er schleicht sich davon, als niemand aufpasst und läuft allein los, in die arktischen Winterlandschaft.

 

Da ist so viel Schnee, wie Puck noch nie zuvor gesehen hat. Er gräbt sich voran, den Hügel vor dem Haus hinauf und folgt seiner Nase, die durch unbekannte Gerüche wie ferngesteuert ist. Da ist eine Fährte, im Schnee nur schwer zu verfolgen,

doch sie zieht ihn immer weiter weg vom Haus. Kein Stern funkelt in dieser Nacht. Es schneit so still, dass sein eigenes Schnaufen Puck wie unerhörter Lärm erscheint. Doch das Laufen im tiefen Schnee ist sehr anstrengend. Es ist eigentlich kein laufen, sondern eher ein kämpfen. Es schneit in dicken Flocken immer weiter, so dass Puck bald weder die Fährte des fremden Tieres, noch seine eigene wieder erkennen kann. Alle Spuren sind zugedeckt, und Furcht überkommt den kleinen Waldgeist.

Zu Hause im Wald, da kennt er sich aus, da findet er mit geschlossenen Augen heim. Doch hier? 

Puck versucht, auf eine kleine Anhöhe zu klettern, um über umliegende Gegend schauen zu können.

Vielleicht kann er das Haus von oben erkennen und den Weg nach Hause finden?

Wie eine kleine Schneefräse schaufelt er sich voran, doch so sehr sich Puck auch müht, immer wieder rutscht er im weichen, lockeren Schnee rückwärts, kämpft sich aus tiefen Schneewehen und wird so schwach und schwächer.

Eine Pause, denkt Puck, nur eine kleine Pause, dann schafft er es bestimmt. Puck kuschelt sich zu einer kleinen Kugel zusammen, die Pfötchen nah am Körper, um sie aufzuwärmen. Es dauert nicht lange, und Puck ist eingeschlafen. 

Der Schnee fällt lautlos weiter, und bald ist Puck von der hügeligen Gegend nicht mehr zu unterscheiden.

Vielleicht kommt Elli mich suchen. Bestimmt. Hätte ich nur gesagt, dass ich raus gehe. Aber Elli findet mich immer.

Oder etwa nicht? Was, wenn sie gar nicht bemerkt, dass ich weg bin?

Langsam wird Puck kalt.

Was, wenn sie gar nicht mehr an mich denkt, jetzt, wo sie ihre liebste Freundin wieder hat?

Was, wenn sie mich gar nicht mehr mag, wenn ich ihr egal bin?

Hätte nicht jemand Puck ganz genau beobachtet bei seinem Versuch, den Weg durch den Schnee zu finden,

er wäre jetzt wohl verloren.

Zwei gelben Augen entgeht die seltsame Wanderung nicht. Erst als sie sich bewegt, hebt sie sich ab von der eisigen Umgebung und man kann sie in ihrer vollen Schönheit erkennen. Lautlos erhebt sich eine Schneeeule von einem Baum ganz in Pucks Nähe. Nicht weit muss sie fliegen, dann landet sie vor einem riesigen, graubraunen Urvieh, dem bestimmt größtem Elch im Revier. 

"Hey, Großer, es gibt ein Problem", spricht die Schneeeule zu dem Elch.

Dieser sieht sich um in alle Richtungen. "Wenn du den Schnee meinst, ja, könnte weniger sein. Und ja, ich habe Hunger.

Was auch immer es sonst sein könnte, es ist nicht mein Problem".

Der Elch stakst mit seinen langen Beinen scheinbar mühelos weiter durch die dicke Schneedecke.

"Nicht dein Problem, aber eins, dass nur du lösen kannst. Du bist so groß und stark, du bist wie gemacht zum Retter."

Der Elch bleibt direkt vor dem Ast stehen, auf dem die Eule sitzt. Mit einer Bewegung seiner gewaltigen Schaufelgeweihe könnte er die Eule in echte Schwierigkeiten bringen. Doch diese bleibt ganz ruhig und wartet auf die Wirkung ihrer Worte.

"Na sag schon, wer oder was muss hier gerettet werden?", fragt der Elch.

Wenig später kann man ungewöhnliches im nordischen Winter beobachten. Ein Elch gräbt mit seinen Schaufeln auf Anweisung einer Eule einen Schneehaufen um, um einen kleinen, schlafenden Wuschelpuck aufzuheben und vorsichtig zu dem Haus zu tragen, von dem er wohl gekommen war und bei dem es im tiefsten Winter ab und an leckere Äpfel,

Möhrchen und Heu gibt.

Auf dem Kopf des Elches, zwischen den Schaufeln, thront die große Schneeeule und gibt Befehle und

Kommentare zum Weg ab.

Vorsichtig läuft der Elch, denn gleich zwei Tiere auf dem Kopf zu tragen, das ist er nicht gewohnt. Doch trotz aller Vorsicht kommt er ins Wanken, stolpert und rutscht seitlich am Hang ab. Die Eule flattert empört auf.

"Nun pass doch auf, du machst ihn noch kaputt. Vorsicht!"

Der Elch ist schwer, und wenn etwas schweres ins rutschen kommt, ist das selten gut.

Immer schneller wird er, gräbt eine tiefe Furche in den Schnee, schafft es im drehen und rutschen gerade noch ,

seine Schaufeln mit der wertvollen Last oben zu halten, bis er endlich von einem Baum gebremst wird.

"Au, Autsch, verdammt, Stopp, Pause! Wer hat sich diesen Retterquatsch ausgedacht?  Ich bin raus, ich hab frei, ich will kein Retter sein!"

Der Baum sieht übel aus.

Doch als der Elch hinauf zu seinem Geweih schielt,  hängt da dieses schlaffe Wuscheltier. Er steht mühsam auf und balanciert vorsichtig die letzten Meter den Hang hinab.

Und da sieht er durch dichtes Schneetreiben ein Kind auf ihn zukommen.

Es ist Lilia, die sich mit ihren kurzen Beinen schwer tut, voran zu kommen. Doch damit ist sie immer noch schneller, als die beiden Frauen, die einige Meter hinter ihr laufen.

"Lilia, stopp, warte. Der Elch ist gefährlich, bleib stehen. Lilia, komm schnell hierher!", ruft Elli aufgeregt.

Doch Lilia läuft unbeirrt voran. In ihrem Kopf kann sie es hören. "Kind, ich werde dir nichts tun. Ich bringe dir das Wuschelding. Warte dort!", ruft der Elch ihr zu. Und sie wartet. Hinter ihr die Frauen, die vor Sorge ganz krank sind, weil sie nicht verstehen, was passiert.

Der Elch läuft langsam bis zu Lilia heran, neigt sorgsam den Kopf, und lässt Puck in Lilias Arme rutschen.

Für ein kleine Mädchen ist ein schlafender Puck recht schwer, und so geht Lilia in die Knie, legt sich Puck auf die Beine und flüstert ihm ins Ohr.

"Puck, wach auf! Bitte. Wenn du aufwachst, dann werde ich alles machen, was du dir wünscht, versprochen. Bitte!"

Lilia rubbelt Puck sachte, versucht ihre Jacke über ihn zu breiten und redet immer wieder leise auf ihn ein.

Als Puck endlich aufwacht, schaut er in die wohl klarsten Augen, die er je gesehen hat.

Lilia läuft eine Freudenträne aus dem Auge und diese gefriert auf ihrer Wange. Ihr Mund verzieht sich zu einem Grinsen, und als sie ihn zum lachen öffnet, strahlen Puck die allerschönsten Zahnlücken an, die man sich vorstellen kann.

Im warmen Haus am prasselnden Kamin hält Lilia Puck noch immer im Arm und mag gar nicht mehr aufhören, ihn zu streicheln..

"Weißt du, als ich im Schnee geschlafen habe, habe ich geträumt, dass ich schwebe.

Und dann war es wie Schlittenfahren, hui, ganz schnell den Berg hinab", erzählt ihr Puck und Lilia versteht jedes Wort.

"Warum wolltest du denn nun eigentlich nicht mit uns sprechen", fragt Puck.

Lilia verzieht das Gesicht.

"Die Kinder in der Schule haben gesagt, meine Zahnlücken seien hässlich. Und sie haben immer gelacht, wenn ich gesprochen habe. Da dachte ich mir, ich rede erst wieder, wenn die Zähne nachgewachsen sind."

Siw, die mit Elli nah am Kamin sitzt, schüttelt ungläubig den Kopf. "Wie gut, dass dir nichts schlimmeres fehlt, als ein paar Zähne. Wir haben uns solche Sorgen gemacht! Warum hast du nichts gesagt? Du kannst uns doch immer alles erzählen, das weißt du doch, oder?"

Lilia lacht ihr zauberhaftes, zahnloses Lächeln. "Aber dafür hätte ich doch den Mund aufmachen müssen, verstehst du?"

Siw runzelt die Brauen. "Ich glaube, es ist die Dunkelheit, die macht, dass man so komische Sachen denkt und fühlt".

"Und warum bist du denn nur alleine in die Nacht gelaufen?  Du hättest erfrieren können! Ich hatte solche Angst um dich!", sagt Elli zu Puck, der immer noch verliebt Lilias Augen betrachtet.

"Ich dachte, ihr bemerkt mich gar nicht, und es ist gar nicht mehr wichtig, was ich will. Du warst so beschäftigt. Irgendwie hatte ich das Gefühl, ich gehöre gar nicht dazu."

Elli setzt sich umständlich auf den Boden, ganz nah zu Puck.

"Mein liebster Puck! Ich muss einiges falsch gemacht haben, wenn du meine Liebe für dich nicht bemerkt hast.

Bitte entschuldige! Wenn du irgendwann wieder so komische Gefühle oder Gedanken haben solltest, versprich mir,

komm zu mir und erzähl es mir! Entschuldige, dass ich nicht bemerkt habe, wie es dir geht. Ich war so mit mir beschäftigt.

Solltest du je wieder daran zweifeln, wie wichtig du mir bist, und wie lieb ich dich habe, dann tu bitte folgendes:"

Puck schaut gebannt zu Elli auf , neugierig, was jetzt wohl kommt.

"Schrei mich an, wenn ich nicht zuhören sollte, hopse wie ein wild gewordenes Känguru in meinem Weg herum, stibitze  mein Essen, versteck meine Schuhe. Sei laut, sei unbequem und zeig mir, wie es dir geht. Bitte, geh nie wieder einfach weg!  Wirst du das bitte für mich tun?"

Puck sieht Tränen in Ellis Augen schwimmen. Er klettert auf ihren Schoß, drückt sich fest an sie und flüstert:

"Das mache ich. Du sollst das auch machen, wenn ich mal nicht genug auf dich aufpasse. OK? Nur das mit dem Schuhe verstecken, das passt nicht. Vielleicht nimmst du Lars, da werde ich sofort bemerken, dass etwas nicht stimmt."

Elli stutzt. "Ach ja, da war ja noch etwas." Sie steht auf und kommt kurz darauf mit ein paar Hundeschuhen in der Hand zurück. "Die habe ich heute in der Stadt gekauft für dich, damit du auf dem Eis da draußen nicht so frierst.

Wenn nötig, kann ich also auch deine Schuhe verstecken."

Während Puck seine neuen Schuhe anzieht und ausprobiert, wie er damit laufen kann, 

läuft ein riesiger Elch mit einer auf dem Geweih sitzenden Schneeeule durch die arktische Nacht.

Die Wolken sind aufgerissen, das Nordlicht tanzt heute nicht nur grün, sondern auch blau, orange, pink und lila.

Man könnte denken, bei einem solchen Spektakel müsste es laut sein, wie bei einem Feuerwerk.

Doch kein Mucks ist zu hören, der Schnee schluckt alle Geräusche und eine große Stille liegt über dem Land.

"Na bitte, das war doch gar nicht so schwer. Du machst dich toll als Retter! Warum muss man da immer erst diskutieren?

Es liegt dir doch im Blut, das musst du doch spüren! Du bist der eine, der wahre, der echte Retter!

Ich bin so stolz auf dich, wirklich."

Der Elch schüttelt genervt den Kopf, so dass die Eule kurz aufflattern muss.

"Ha, so einfach wirst du mich nicht los. Wir sind ein Team mein Lieber, das hast du doch wohl bemerkt...."

 

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